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Mit oder ohne Obers?

von am 25.10.2007 12:17, Rubrik Wien


Wir kennen sie alle. Diese Glaskastencafés, die Segafredo oder Testa Rossa heißen. Wo man wie in einem Schaufenster sitzt und alles einen auf Welsch macht – von den campariroten Kunstledersessel bis hin zum dolce far niente der Bedinung. Alles italienisch.

Und obwohl man dezidiert diese Plätze meidet und sich mangels Kohle lieber was aus dem Automaten an der Uni lässt, ist es dann doch nicht so leicht an ihnen vorbeizukommen. Ehe man sich versieht, sitz man um einen kantigen Tisch aus Ebenholzimitat und ärgert sich, dass man für einen (latte) macchiato wahlweise 2,60 oder 3,90 zahlen muss, so als sei das Milchschaumhäubchen von Gucci höchstpersönlich designt worden. Fehlt nur noch ein gefertigtes G oder D&G Logo in der Krone und sie könnten geschlagene 5 Euro dafür einstreichen. Wenn es darum geht das Klischee vom Italiener als notorischen Langfinger zu bedienen, stehen besagte Cafés um nichts nach.

Anders schauts da mit der Hygiene aus. Wenn in den meisten Lokalen Italiens auch mal Sachen länger als nur fünf Minuten auf dem Boden liegen, herrscht in den vermeintlichen Barettoenklaven klinische Reinheit. Es kommt einen alles so sauber vor, aseptikerfreundlich poliert und desinfiziert. Man schämt sich schon um seine Tischmanieren, wenn nur ein Körnchen Zucker statt in den Kaffee auf die dunkle Tischplatte fällt. Auffallend weiß und so. Das geht dann gar nicht.

Das wäre schlampig. Und das hasst die Segafredoklientel am meisten. Die kessen Weibchen vom Juridicum mit ihren goldlackierten Beutelchen die zu den ebenfalls goldlackierten Sneakers passen. Aber schwamm drüber…. obwohl ich habe ja gehört die Goldfarbe ist nicht wirklich regenfest.

Andere Klinel hingegen im umweltbewussten Weltcafé. Da herrscht fair trade, und der garantiert fair gehandelte Kolumbianische Mokka ist ja trüber als der seichte Segafreddo-sud im Segafreddo. Daß sich ein Kolumbianer den Kaffee im Weltkcafé nicht leisten könnte, lässt uns kalt. In Birkenstocks geht es sich so schön unbekümmert durch die wiener Straßen, es stören eingentlich nur die lästigen Augustin-Verkäufer denen wir auf Schritt und Tritt begegnen. „Danke, ich hab schon gekauft und gelesen, war toll, vor allem die Anzeige für den alternativen Markt für Homegrower.“

Was lernen wir daraus? Nix ist so wie es einmal war. Damals, als wir noch alle gegen Nicaragua waren und für die Lobau oder so, ich kann mich nur dunkel erinnern. Saßen wir nicht alle im Chicco-Kinderwagen, geschoben von unseren Müttern in Sackleinen gehüllt und in anderen Tragetaschen, unser Köpfchen ganz nah am Busen unserer Mutter. Ach war da Papi neidisch! Und die Polizisten eh böse aber da hat sich ja nix geändert bis dato. Nur daß wir von Kakaomilch auf latte macchiato umgestiegen sind, und das mit den Brüsten, das ist jetzt mehr so eine offene Beziehungskiste oder wir tragen sie selber vor uns her. Aber ich drifte ab.

Sind dem lavazza verwöhnetem Gaumen solche Orte zu profan, kann er es etwas authentischer haben. Am besten an den Wiener Würstelbuden, die in Dixiklooptik jede Strassenecke besetzten. Da streckt der beleibte Standler jedem deine Wurst entgegen. Ganz charmant mit seiner Käsekreinerfigur, original gemästet in Wien -Seenf oda Ketschap?
Wir fröhnen unserer Lust lieber daheim. Unser Libido gibt sich mit einem selbergemachten Segafreddo zufrieden. Frei nach Lucio Dalla… e dolcemente parte la mia mano.


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