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Karnevaltig!

von am 19.02.2007 08:50, Rubrik

Der Tiergarten Schönbrunn ist umgezogen. Neue Anschrift: Uni Wien, Arkadenhof, Stiege 9.


“Tutto nel mondo è burlo. E l´uom è nato burlone.” Alles ist Spass auf Erden. Und der Mensch als Narr geboren. So schließt Verdi seinen dreiaktigen Falstaff mit einer brisanten Abschlussfuge kurz bevor der Vorhang fällt. Manche mögen das als schlechten Scherz ansehen, für die, die schwarzen Humor besitzen, dürfte es dagegen recht amüsant sein.

Das Leben ist ein Witz. Ein Witz über den man an der Germanistik nicht Lachen kann, weil man eben das Leben, also die Pointe nicht verstanden hat. Da rechnet man immernoch auf römisch – antik, weil das so schön kompliziert platzfüllend ist und unterhält sparsam das Budget anstatt für Lerversanstaltungen lieber für Weißeleinheiten, welche von schweißfüßigen Latzträgern an den Wänden verrichtet werden, die mal ebenso das Radio weit über die erlaubten Dezibel aufdrehen und sich dabei (schreiend) in einer mir undurchsichtigen Sprache, die, die letzte beziehungsweise dritte Lautverschiebung verschlafen hat, artikulieren. Das ist lustig und wie die relativ vielen Relativsätze suggerieren: relativ. Weil lachende Germanisten sowie gute Professoren am Institut geradezu Raritäten sind.

Wenn man an der Germanistik lacht, dann über sich selbst, natürlich diskret mit der Hand vor dem Mund. Hat aber alles weniger mit Selbstironie zu tun, denn eher mit gegenseitigem Ansbeinpinkeln. Die werten Doktoren lachen über die Studenten, die wiederum umgekehrt von den Studenten ausgelacht werden, welche untereinander ebenfalls Kriege austragen, die man sich ungefähr wie Ätherkriege vorstellen kann, weil man mit den Profs nur kalte führen darf, gebilligt durch die Schutzmacht der vielen Titel, die eines Akademikers Namen zieren und in dem Fall ungefähr wie militärische Orden zu verstehen sind. Aber zurück zu den internen Studentenkriegen. Als Diplomstudent muss man die Lehramtler nun mal hassen, das hat Programm und fällt, wenn man ehrlich sein soll nicht schwer. Wer hält es denn bitte aus, auf nüchternen Magen in einer zwar kalendarisch nicht nachvollziehbaren, so doch gefühlten Rosenmontagsfrühe einem klitzekleinen, mutwillig luftdicht abgesperrten Seminarraum beizuwohnen, im Beisein von bis zu 80% potentiellen Deutschlehrer/inne/n, die stur darauf pochen, das Bekommenpassiv sei (wie so eigentlich alles) keine deutsche Eigenschöpfung, sondern über den Ärmelkanal, ob der Gefahr zu ertinken in unsere Sprache gemündet. Wenn die (vornehmlich) Damen mal das nicht mit der deutschen Metrik verwechseln….Aber bitte.

Innerhalb der Lehramtstudierenden – um mit einem germanistischem Terminus zu hantieren – gibt es noch eine weitere Verstrebung, die betont strebend und unbetont üppig also besonders jambisch zu sein vorgibt, die DAFler und die DaZler – zu Deutsch: den Deutschalsfremdsprachling und den Deutschalszweitsprachling.
Währrend der DAZler keine Gefahr für den Institutsbetrieb darstellt, weil eher intellektuellen Einschlags und er deshalb stets verschwiegen vor sich hin büchert, ist der DAFler eine akute Gefahr für den gesamten Universitätsbetrieb. Einen DAFler mus man sich so wie einen immerwiederkehrenden Ausschlag auf derselben empfindlichen Stelle, also am DAFgang, vorstellen, den man nicht umgehen – sprich bekämpfen kann, weil ansonsten kein anderer Weg in den Edv Raum fährt. Der Canossagang eines jeden diplomstudierenden Germanisten. Überall könnten sie lauern, treten dann für gewöhnlich im Rudel auf mit dem typisch verrutschten Daflergrinsen, etwas grenzdebil daherschauend, Augen weit aufgerissen, quatschen Dich ungefragt an als seist Du bereits Sandkastenfreund mit ihnen gewesen obwohl man sich weniger als zwei Atemzüge lang kennt, was an und für sich sehr sozial und kontaktfreudig anmutet, aber vorsicht: Der Schein trägt. Ist man dem DAFler erst einmal ins Netz getappt, windet man sich wie ein Fisch auf dem Trockenen, der vergebens in Agonie zappelnd Wasser sucht. Denn Dafler, Dafler leiden vehement an Sprechdurchfall, sie lassen niemanden zu Wort, sie reden, reden und reden und was aus ihren Mund kommt ist nur Scheiße. Naturgemäß akademischen Zuschnitts. Dafler sind jene futuristische Art Deutschlehrer/inne/n, die ihren Arbeitsplatz in Australien oder Südamerika antreten werden, also die große weite Welt bereisen, um die Kenntnisse der deutschen Sprache interkontinental auszusäen, wobei das Einkommen, das sie beziehen aus dem univeritären Geldtopf geschöpft wird. Dafler sind geschliffen formuliert die Hartz IV Empfänger der Germanistik, somit der Bodensatz des Insituts, welche ihre unfreiwillige Not zur Tugend gemacht haben und ihre Lage viel zu enthusiasmiert jeden unschuldig-nichtsahnenden Laien schildern müssen, alles natürlich xtralarge in der ungeschnittenen Fassung. Diese Budgetkürzer Mitesser mit kraterähnlicher Porentiefe. DAFler. Klingt lustig, ist aber empirischen Tests zufolge nicht der Fall, man lasse den Selbsttest aus und glaube meinem Opferbericht.

Die Professoren sind eine Klasse, wenn nicht Rasse für sich, haben immer über 2 Promille Literatur und Linguistik intus, die sie mit einem Sonderführerschein, gemeint sind die vielen Titel, durch alle möglichen Hörsäle kutschieren und ob der alkoholisierten Selbstüberschätzung naturgemäß Vollgas geben und den Fuß nicht vom Drama lassen. Irgendwer sollte den Fraun und Herrn O. als Vokativgelesenen Doktormags mal sagen, dass ausser dem Drama auch noch andere Gattungen zur Literaturwissenschaft gehören, so z. B. Lyrik und Epik, aber winkt man sie an rechts ran zu fahren, wird man ausgebremst und in dem aufgewirbelten Staub von fünfhundert oder mehr Jahren Sekundärliteratur erstickt. Spaßbremsen eben. Nur die wenigsten bieten Mitfahrgelegenheiten an. Aber weil auf den Beifahrersitzen, meist schon ein Dafler Wurzeln schlägt, geht man lieber zu Fuß. Natürlich hinkt man dann, was die Unilaufbahn betrifft nach, bei näherer Betrachtung aber die besser Lösung zu sein scheint, wenn man einer dafgewürzten Verstauchung entfliehen will.

Wohin man sich retten soll – wenn nicht gerade in die Vorlesung seines Steckenpferdchens, was aber wegfällt, weil es als geflügeltes Wort abgelegt hat, was nicht weiter verwunderlich – man beachte nur die entourage – man weiß es nicht. Ich habe Asyl beworben. Vielleicht wird im Flüchtlingsseminarcamp an der Neuen Deutschen Literatur endlich ein Platz frei. Vielleicht so gar ein Logenplatz im Exil, ganz nobel, versteht sich. Ich bin bereit – also Vorhang auf für den zweiten Akt.


Kommentare

Ich glaub ich will dich grad umarmen.

(Freu mich auf die handsignierte Erstausgabe.)

val · 20.02.2007 13:54 · #

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