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Mein neues Feindbild: Öko-Misanthropen

von am 06.07.2008 20:40, Rubrik philosophisches-politisches

Ich habe ein neues Primär-Feindbild. Ja, es gibt sowas wie Primär-Feindbilder und ja, es ist eine kleine Leidenschaft von mir. Mein bisheriges Primär-Feindbild waren Verschwörungstheoretiker jeglicher Ausformung (egal ob rechts, links, antisemitisch, antiimperialistisch, esoterisch, religiös,…), doch diese wurden durch eine neue Gruppierung bzw. deren Geisteshaltung in ihrer Feindbildhaftigkeit usurpiert (ja, das geht…).


Mein neues Primär-Feindbild sind Öko-Misanthropen. Was zur Hölle sind Öko-Misanthropen und was macht sie so feindbildlich? Eine berechtigte Frage. Zu allererst werde ich kurz auf die distinktiven Merkmale einer öko-misanthropischen Gesinnung eingehen. Öko-Misanthropismus ist, wie der Name schon sagt, eine höchst plumpe und unreflektierte Vermengung von Misanthropismus und Öko-… ähm… -engagement. Beide Bestandteile sind für sich gesehen eh ok, die Vermengung ist aber einfach nur deppat. Öko-Misanthropie tut sich in etwa wie folgt kund:

“Die Menschen sind so blöd! Die Menschheit ist voll für’n Arsch, weil sie die Erde zerstört. Die Menschheit ist wie ein Virus für die Natur, weil die Menschheit nur alles kaputtmacht und ausnutzt und verbraucht und letztlich sich selbst ihrer Lebensgrundlage beraubt. Die Menschen glauben sie sind was besseres als Tiere aber das sind sie nicht, weil sie sind nur Tiere und Tiere sind sogar besser als Menschen wiel Tiere leben in Einklang mit der Natur. Deshalb ist die Menschheit scheiße und die Natur wird sich schon irgendwann rächen und alle Menschen auslöschen und das ist gut weil, weil Menschheit ist scheiße… etc.”

Dies war ein kleiner Einblick in die “argumentativen” Innereien dieser Gesinnung. Der dritte Satz dieses Wirrwarrs verweist auf ein popkulturelles Dokument, das eine gern verwendete Argumentationsfigur dieser Gesinnung erstmals benutzte (ein digitales Zuckerle für Person, die mir den Film nennt, in dem dieser platte Gemeinplatz erstmals auftauchte). Diese recht wilden und wirren Postulate werde ich einzeln unter die Lupe nehmen und zernichten!

a) Grundsätzlich sind mir “die blöde Menschheit hier und die böse Menschheit da”- Misanthropismus allein schon deshalb zuwider, weil der Misanthropisierende sich in der Regel konsequent aus diesem Urteil ausnimmt. Er selbst sieht ja, wie scheiße die Menschheit ist und ist allein deshalb schon besser als die gedankenlose, blöde (bequem abstrakte) Menschheit, die Vernichtung verdient. Das ist ein nicht unwesentlicher Bestandteil jeder Art von Urteil (sei es moralisch, ästhetisch oder sonstig). Der Urteilende ist per Definition besser/moralischer/ästhetisch versierter als das Beurteilte, denn er kennt den Maßstab und wendet ihn an, d.h. wird ihm gerecht. Der oder das Beurteilte hingegen versagt am Maßstab. Ein Beispiel hierfür wäre der Richter, der urteilt und als solcher immer auf der Seite des Gesetzes, d.h. des moralisch Guten steht. Dieser Beigeschmack der Selbsterhebung haftet allem allzu schnellen Urteilen an. Nicht umsonst verkaufen Schundblätter wie Krone, Österreich, Bild oder Heute sich gerade durch reißerisch moralisierende Schlagzeilen.

b) Höchst problematisch ist auch diese Personifikation der Natur. Es gibt nicht “DIE Natur”, die sich rächt, gesund ist, ihre Lebenwesen ernährt oder ähnliches. Es gibt Natur, die Menge allen natürlich Gewachsenen, im Gegensatz zur Kultur, zum künstlich Geschaffenen. Daher ist diese dichotomische Auffassung vom Mensch, der gegen die Natur arbeitet auch Blödsinn, weil der Mensch ja auch Teil der Natur ist, welches die Sache mit dem “die eigene Lebensgrundlage zerstören” ja paradoxerweise auch bekräftigt. Diese ganze Vorstellung ist allein deshalb schon höchst fragwürdig. Natürlich bedeutet das nicht, dass es nicht so etwas wie natürliche Ökosysteme gibt, die durchaus vom Menschen zerstört werden, wie es auch den unreflektierten Verbrauch natürlicher Resourcen und Umweltverschmutzung und -zerstörung durch den Menschen gibt. Dies ist natürlich ein Problem und ökologisches Engagement hat auch seine Berechtigung. Aber bitte kein plattes Monieren über DIE Menschheit (auch ein sehr vager, abstrakter Begriff), die DIE Natur kaputtmacht.

c) Was mich auch stört, ist das Gerede von wegen “Menschen glauben sie stehen über den Tieren” und “Tiere sind sogar besser als Menschen, weil Tiere sich harmonisch in die Natur einfügen”. Erstere Aussage hat natürlich was Wahres. Die moderne Vorstellung, dass der Mensch im Zentrum des Kosmos steht, ist eine Errungenschaft der Renaissance und eine Grundvorraussetzung für die Aufklärung und damit das moderne westliche Denken von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten. Ich sage, das ist gut so. Für den Menschen muss der Mensch wichtiger sein als ein Tier, wie soll sonst eine Ethik und damit Gesellschaft begründet werden? Und ja, wenn ich 1.000.000 weiße Mäuse umbringen muss, um einen Menschen zu retten, dann nehme ich das gerne in Kauf. Wer das nicht tut, sollte ernsthaft seine ethischen Maßstäbe überprüfen. Natürlich bin auch ich gegen Grausamkeit gegenüber Tieren und gegen unnötige Tierversuche, aber Tierversuche sind nun mal grad in Medizin und Pharmakologie immer noch unabdingbar und gerechtfertigt, wenn es dem medizinischen Fortschritt dient. Öko-Misanthropen poltern an dieser Stelle immer gerne was von “sollen sie halt Menschenversuche machen, um Menschen ist’s nicht schad, davon gibt’s eh zuviele”. Solche Äußerungen erinnern natürlich zwangsläufig an diverse KZ-Lagerkommandanten, die besonders tierlieb waren und dabei gleichzeitig ohne Bedenken Zehntausende umbringen ließen. Hier zeigt sich eine klare Perversion moralischer Maßstäbe und Wertnormen und die Gefährlichkeit solcher misanthropischer Gesinnungen.
Der zweite hier angesprochene Irrtum ist natürlich der vom harmonisch mit der Natur lebenden Tier, das sich perfekt in seine Nische einfügt. “Ein Löwe tötet nur, wenn er Hunger hat” und so weiter. Das ist zwar nicht richtig, aber lassen wir das mal beiseite. Nehmen wir an, ein Löwe frisst nun zuviel Antilopen, weil er zuviel Hunger hat, wodurch er die Popolation zu stark dezimiert und am Ende nix mehr zu beißen hat und krepiert. Tja Pech… und genau der Grund, wieso sich Tiere scheinbar so perfekt in ihre ökologische Nische eingliedern. Weil alle, die nicht das richtige Maß finden früher oder später krepieren und wir sie daher nicht zu Gesicht bekommen. Nennt sich Evolution, Baby. Das hat nix mit der tollen Harmonie in der Natur zu tun, sondern eben einfach mit dem Tod der Exemplare oder gar Arten, die sich nicht zurechtfinden. Da nur die Erfolgreichen von uns wahrgenommen werden, schaut’s natürlich schön perfekt ausbalanciert aus, isses aber nicht. Und genau das ist auch der Grund ,wieso der Mensch durchaus faktisch besser ist als ein Tier: Der Mensch hat die Evolution überwunden, indem er lernte, nicht mehr von einer ökologischen Nische abhängig zu sein. In der Natur herrscht extremste Spezialisierung und der Mensch ist Überlebensexperte gerade durch seine fehlende Spezialisierung (Fuck you and your “Mängelwesen”, Arnold Gehlen!). Deshalb steht der Mensch praktisch seit einem bestimmten Grad der Zivilisiertheit außerhalb der Evolution, was auch der Grund ist, wieso Sozialdarwinismus ein einziger Schmu-Schmu ist. Insofern ist der Mensch sehr wohl besser als das Tier.

d) Über die Fragwürdigkeit von Menschheitsausrottungsfantasien muss ich, glaub ich, nicht allzu viele Worte verlieren. In der Regel Auswüchse von Minderwertigkeitskomplexen gepaart mit Projektion von Selbsthass und Allmachtsfantasien. Höchst suspekt, egal in welchem Zusammenhang!!

Soviel zur Begründung der Feindbildhaftigkeit meines neuen Primär-Feindbilds Öko-Misanthropismus. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe auch Sie, liebe Leser, bald im Club der Liebhaber des dummen, fahrlässigen, naturvernichtenden Menschen” begrüßen zu dürfen.


Kommentare

Planet der Affen? oder Dr. Strangelove?

just wild guessing, aber beide filme gehen so in die richtung menschheit vernichtet sich aus dummheit selber.

r. · 07.07.2008 17:04 · #

Nö nö. Nix so Tiefgründiges. Der Film ist sehr viel platter (wird aber gern als besonders tiefgründig und ach so philosophisch gepriesen). Die Figur von der Menschheit als Virus wird in besagtem Film von einem Nicht-Menschen geäußert. Ich lass das Ratespielchen noch ein bisschen weiterlaufen. :D

Stephan · 07.07.2008 20:03 · #

Matrix?

theresia · 10.07.2008 20:04 · #

BÄÄMM!! Das ist die richtige Antwort!

Stephan · 19.07.2008 21:29 · #

Grundsätzlich stimme ich dir zu dicker, über ein paar – nicht ganz unwichtige – Details sollten wir aber nochmal plauschen ;-) (Da hauts ma nämlich n beidl aufd seitn!)

Jebi · 22.07.2008 17:31 · #

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