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Generation Bakk

von am 24.01.2008 11:07, Rubrik Welt

Kleine Schimpfonade


Als noch vor einigen Jahrzehnten unsere Eltern, und mancher heute Mittzwanziger Großeltern gegen die verknöcherten Strukturen vor 68 ins Feld zogen, wallenden Thalaren die Sirne boten und ob der rebellischen Ekstase den einen oder anderen Kateder zu Brennholz zerkleinerten, konnte man feierlich behaupten, sperrige Autoritäten gewissermaßen enttront zu haben.

Das war die Zeit, die heute in Geschichtsbüchern so quai als Stunde Null in punkto Bildung, verzeichnet wird, die Zeit, von der Opi auch mal gerne in Superlativen spricht während er verkläreten Blickes die Wasserpfeife vom Dachboden hervorholt und die Oma auch mal die ganz die besonderen Plätzchen bäckt. Ja, damals, wo im Bildungsdunstkreis der Germanisten, Goethe und Stifter als Unwort galten und das Linkssein der Studiosi keine Mode war, weil halt gerade en vogue, sondern vielmehr Programm – ein sine qua non gegen verkrustete Institutionen – da durfte man sich noch ungeschützt Akademiker nennen. Ein Wort, das seiner Zeit noch den Klang der Revolte, den Gegenwartssinn, das Bewusstsein des Jetzt und Hier in sich hatte und dessen Sinn heute inflationär in den Keller rast.

Studieren heute, das hat Bedeutung, zweifelsohne, wenn auch vakant – egal hat halt Rang, hat Namen, Prestige. Und das schleißlich ist es worauf es ankommt. Das ist der fette Bonus im Lebenslauf, dem üppigen Konvolut aus Biographischem, garniert von zweistelligen Zahlen an Praktika und dem geflügelten Wort der “Auslandsaufenthalte” wennauch nur für zwei Wochen hauptsache ich war da! Oh ja! Und wenn ich gefragt werde, was ich über Georgien denke, zitier ich was hübsches aus dem “Kapital”, hab ja schleißlich Marx gelesen, nachts im trüben Lichte meiner Sparlampe – ein Souvenir von der letzten Demo übrigens mit dem Schattenriss von Che Guevara drauf – die begrenzte Edition versteht sich. Ach ja, und für den Standart, für den hab ich auch schon geschrieben und lesen tu ich den sowieso jeden Tag, morgens mit einer Tasse free trade… Und die Uni?

Die Uni – ein verschultes System? Kein Problem! Wir sind ja die mit der Flexibilität, die Knetmasse der vermeintlich geköpften Obrigkeit, die jetzt kurzen (Bologna) Prozess mit uns macht. Für drei Jahre wird generös bezahlt, danach heißts entweder noch mal zwei drauf legen oder ablegen….immerhin ob so oder so, man gehört zu den Laureaten. Nur wer brauch schon einen halb ausgebildeten GeiWi mit Bakk-Abschluss? Also gut weitermachen….. aber warum dann bitte nicht wie bisher?


Kommentare

Schöner Text. Aber es stellt sich halt die Frage, wieviel “authentischer” grad die ganze Links-Sache in den 60ern war. Sicher gab’s viele, die sich aufrichtig eingesetzt haben und was verbessern wollten. Aber das ist heute ja auch so. Das Medienecho war damals halt umfassender. Aber ich bin mir nicht so sicher, ob der Großteil damals nicht auch bloß Mitläufer war. Immerhin geht es bei den Studentenrevolten damals wie heute (wobei “Revolte” dafür heute ja fast schon zynisch klingt) um ein Lebensgefühl. Das war damals sicher insofern authentischer, als dass es noch nicht zum Konsumgut geworden war (klingt in heutigen Ohren auch schon fast pervers, dass Suberversivität mal wirklich subversiv war…). Ob da allerdings für die Masse der Revoltierenden wirklich ehrliche Überzeugung der ausschlaggebende Grund war und nicht eher eine aufgesetzte, um halt Teil dieses Lebensgefühls zu sein, sollte man nicht meinem Urteil überlassen… es wäre wohl eher vernichtend.
Bakk ist allerdings trotzdem scheiße. :) Ich seh’s schon kommen: Was heute die PPPler sind, werden morgen die Bakk-Leute sein. Endlich sind Diplomstudierende WIRKLICH Elite, da sie das entscheidende Merkmal der Elite aufweisen: Sie sind die verschwindend geringe (und auch tatsächlich verschwindende) Anzahl derer, die der gigantischen Masse der Unwürdigen (“Wir sind Legion!” Wer erkennt das Zitat?) gegenüberstehen. Masse gegen Masse, in unüberbrückbarem Gegensatz entzweit.

So, genug intellektuelles Bonzentum und Hirnwichserei für heute.

Stephan · 24.01.2008 14:30 · #

Bakk. quasi als studentische unterschicht, und (wir!) diplom’ler als die elite – ein interessanter gedanke. ich halte mal fest, daß die bakkler oft nur *aus*gebildet werden (sprich auf die berufswelt vorbereitet, die sie dann schon lange nicht mehr brauchen wird – stichwort “schweinezyklus” – aber das nur mal so am rande) während ein dipolomstudium noch immer auf allgemeine und quasi-umfassende ‘bildung’ ausgelegt ist. spezialisieren tut man sich dann wenn man auf seinen PhD hinarbeitet ;-) bald :-) :-)

stichwort “legion” —> ist das? gemeint??

r. · 24.01.2008 15:27 · #

Die 68er meine ich als Metapher dafür, dass einfach viel zu viel geredet wird und dieser Rede dann keine Taten folgen. Weil man will den Zeitgeist halt flexibel haben. Aber wenn wir uns alle an Flexibilität halten, ersetzt das irgendwann die Individualität, sprich das, was den Menschen ausmacht. Will jemand was erreichen, muss er sich nunmal anpassen – Mitläufertum a rebours – kommt es nunmal darauf an auf welcher Seite man das tut.

Bin ich Mitgänger einer Bewegung, die es lohnt verwiklicht zu werden und deren Nutzen auch augescheinlich mich berührt oder lasse ich mich in die vorgebastelte Schablone eines Systems quetschen, dass Entscheidungen über die Köpfe der Menschen fällt, die sie als selber (also würde es sie selbst betreffen) inakzeptabel um nicht zu sagen vernichtend empfunden hätten? Die große Gretchenfrage!

Ich glaube nicht, dass es die altlinken verkifften Hippies braucht, um den Ernst der Lage/Frage zu beurteilen, doch braucht es den nötigen Aufwind, den man den 68ern gerne zuschreibt….

Ana · 25.01.2008 15:08 · #

@Richard: Das mit Legion ist ein Zitate aus der Bibel. Gibt es denn irgendwas, das es wert wäre, zitiert zu werden, außer der Bibel?! ;D

@Ana: Klar, da stellt isch die Frage, was größeren Wert hat: Prinzipien oder Pragmatismus. Ich votiere natürlich für letzteres.

Stephan · 31.01.2008 13:55 · #

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