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der schleichende tod der studienbeihilfen

von am 28.11.2009 18:16, Rubrik Bildungspolitik

studieren war schon immer teuer. wer allerdings das geld für ein studium von haus aus nicht hatte, konnte beim amt für hochschulfürsorge in bozen um ein stipendium ansuchen. das soll sich aber bald ändern.

eine arbeitsgruppe unter amtsleiter Dr. Andergassen bastelt an der einführung von studiendarlehen. statt unterstützung durch stipendien wird es — laut einem internen protokoll der arbeitsgruppe das aerosol.cc exclusiv vorliegt — bald nur mehr darlehen geben. studieren auf pump wie in den usa oder australien soll nun auch in südtirol realität werden. das geborgte geld fürs studium muss binnen 10 jahren zurückgezahlt werden, die verschuldung junger menschen wird als “pädagogisch wertvoll” bezeichnet und ist willkommenes steuerungsmittel um die “richtige” studienwahl zu treffen.


der schleichende tod der studienbeihilfen geht auf ein landesgesetz von 2004 zurück, in dem die südtiroler landesregierung das recht auf hochschulbildung verbrieft. Unter Art. 14 § 1 wird festgehalten:

Studierenden, die den für die Gewährung von Studienbeihilfen [im gesetz vorgeschriebenen] erforderlichen Studienerfolg erzielt haben und die Einkommensgrenze, die jährlich festgelegt wird, nicht überschreiten, können von den mit dem Land konventionierten Bankinstituten Darlehen gewährt werden.

der damalige landesrat für bildungsförderung, universität und forschung Otto Saurer , der die darlehen in den gesetzesentwurf hatte schreiben lassen, hat das gesetz allerdings während seiner amtszeit nicht exekutiert. darlehen — zwar formell vorgesehen — waren bis zu den neuwahlen 2009 kein thema. bis studiendarlehen — quasi out of the blue — bei einem wahlkampfstunt treffen zwischen der Junge Generation in der SVP (JG) und einer vertretung der Südtiroler HochschülerInnenschaft (sh.asus) am vorabend der landtagswahlen wieder thema waren.
laut einer pressemitteilung der sh.asus ging es bei der aussprache unter anderem schwerpunktmäßig um die Vergabe von studienbeihilfen, die leistungsstipendien, die studientitelanerkennung sowie die rahmenbedingungen für studierende. und von Achammer wurden die studiendarlehen aufs tapet gebracht:

Auch die Ergänzung des bestehenden Studienbeihilfensystems durch die Einrichtung von Studiendarlehen wurde andiskutiert. „Diese Darlehen können als zusätzliche Fördermaßnahme sicherlich positiv wirken, dürfen aber nicht anstelle bzw. zu Lasten des ordentlichen Stipendiums eingeführt werden.“ (o-ton damaliger SVP-jugendreferent Philipp Achammer)

nach den wahlen ende 2008 kam es in der landesregierung und in den reihen der regierenden SVP zu personalrochaden — Otto Sauerer wurde von Sabina Kasslatter Mur abgelöst, Philipp Achammer wurde zum landessekretär der SVP bestellt — und die Arbeitsgruppe zur Einführung von Darlehen bei der Hochschulförderung tagte erstmals. offenbar als altlast der vorangegangenen legislaturperiode die entgegen dem politischen willen der regierenden landesrätin agiert wie aus einer randbemerkung im protokoll der zweiten sitzung der arbeitsgruppe mitte juli 2009 hervorgeht:

Der Abteilungsdirektor erklärt er befürworte die Einführung der Darlehen für Studierende, momentan wäre die Landesrätin der Sache nicht sehr positiv gestimmt. Studenten würden Sturm laufen, denn bei einer Beihilfe von 5.500,00 € ca. plus 1.000,00 € Reises

für eine arbeitsgruppe ohne explizites politisches mandat arbeitet das gremium um Dr. Andergassen extrem motiviert und diskutiert allerhand vorschläge zur aushöhlung und abschaffung von ordentlichen und außerordentlichen stipendien durch darlehen, wie zum beispiel folgender (zur steigerung der attraktivität von darlehen gegenüber stipendien)

Dr. Andergasssen meint es sollten jene, die laut Wettbewerbskriterien im Moment keine Studienbeihilfe beziehen, unterstützt werden, indem die sog. „kleinen“ Stipendien abgeschafft werden, und mit diesen Geldern die Darlehen finanziert werden.

verschuldung ist laut Rag. Palla — als direktor des raiffeisenverbandes in den MILKON skandal verstrickt — “pädagogisch wertvoll”, studenten die sich für ihr studium verschulden würden nicht belastet, sondern mit mehr “verantwortung” betraut (was Palla offenbar als startvorteil ihren kommilitonen gegenüber, die schuldenfrei und unbelastet in die arbeitswelt eintreten, versteht)

Bezüglich der Verschuldung der Studenten wiederholt Dr.Palla seine Meinung des letzten Treffens. Die Studenten würden zusätzlich animiert das Studium zu beenden. Er finde es außerdem pädagogisch wertvoll, gesellschaftspolitisch würden die Studenten mit me

ganz im gegenteil: auf darlehen angewiesen zu sein soll bei studierenden die wahl des “richtigen” studiums begünstigen und die studienabbrecherquote senken.

fragt weiters wie ein Student die Studienwahl treffe, inwieweit ist er informiert, inwieweit besteht sozialer Druck? Dr. Palla vertritt die Auffassung, dass es genügend Informationen für die „richtige“ Studienwahl gäbe.

ein wirtschaftsexperte der in die arbeitsgruppe berufen wurde, argumentiert recht kurios für die einführung von studienkrediten und darlehen als art der finanzierung eines studiums. autos zum beispiel würden von jugendlichen ja auch “auf pump” gekauft — sprich mit einem darlehen finanziert. warum sollte das also bei einem studium anders sein?

------- meint zur Verschuldung, dass junge Leute heutzutage auch einen Kredit aufnehmen, um sich ein Auto zu kaufen, es also auch keine Schwierigkeiten darstellen sollte, wenn dies für eine universitäre Ausbildung erfolgt.

Dr. Andergassen ortet bei den studenten geringes interesse an darlehen, solange es noch stipendien gibt. deshalb muss laut Andergassen künstlich nachfrage geschaffen werden.

Weiters spricht Dr. Andergassen die Problematik der Studiengebühren und Reisespesen an. Ein Student wird sich nur ungern für ein Darlehen entscheiden, wenn er bei einem ev. Erhalt der Beihilfe, auch die Studiengebühren rückerstattet und eine pauschale Ver

die finanzierung von darlehen soll durch entnahme von geld aus mitteln für die STI_A (also der allgemeinen stipendien) und STI_L (leistungsstipendien) bewerkstelligt werden.

Sein Vorschlag wäre ca. 5 Mio. Euro aus dem Topf von STI_A und STI_L herauszunehmen, und die Darlehen für eine Legislaturperiode als Versuch einzuführen, um Rückzahlungen und Akzeptanz zu erfassen. Die unteren Stufen der Beihilfen sollten gestrichen werde

in anderen worten soll ein teil des geldes, das ursprünglich für stipendien vorgesehen war, für darlehen verwendet werden. das ist möglich, weil ein großteil der niedrigen (und somit einstiegsstipendien) gestrichen wird. als positiven nebeneffekt (aus sicht der arbeitsgruppe) schafft das auch nachfrage nach darlehen, weil viele ja kein stipendium mehr bekommen würden.

die vorschläge der der arbeitsgruppe Einführung von Darlehen bei der Hochschulfürsorge stehen quasi kompletten im widerspruch zu fast allen aussagen zu bildungspolitik und hochschulfürsorge in der regierungserklärung des Landeshauptmannes Durnwalder:

Bildung, meine Damen und Herren, Bildung ist keine Ware, die frei gehandelt werden darf. Bildung darf nicht vom Inhalt der Geldbörse abhängen. Bildung und der freie, faire, gleiche Zugang dazu ist eine öffentliche Aufgabe, der wir uns weiter mit unserer ganzen Kraft widmen werden. Das heißt konkret, dass wir finanziell schwächeren Familien mit Stipendien oder Heimplätzen unter die Arme greifen, es heißt aber auch, dass wir schwächeren Schülern oder solchen mit Behinderung individuell abgestimmte Hilfe bereitstellen.

ob mitglieder der arbeitsgruppe Einführung von Darlehen bei der Hochschulfürsorge bei der verlesung der regierungserklärung anwesend waren, konnte leider nicht eruiert werden. den wortmeldungen aus dem protokoll nach zu urteilen, wahrscheinlich aber eher nicht.

(mitarbeit, protokollausrisse: T.)


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In einer Gesellschaft, die auf enormen Unterschieden zwischen Arm und Reich basiert, ist das Bildungssystem nie dazu da, diese Unterschiede aufzuheben. Vielmehr wird es sie reproduzieren.

der folgende Abschnitt, ist wohl ein Paradebeispiel für Orwellschen Neusprech!!?? oder einfach pure frozelei!

“Verschuldung ist laut Rag. Palla — als direktor des raiffeisenverbandes in den MILKON skandal verstrickt — “pädagogisch wertvoll”, studenten die sich für ihr studium verschulden würden nicht belastet, sondern mit mehr “verantwortung” betraut (was Palla offenbar als startvorteil ihren kommilitonen gegenüber, die schuldenfrei und unbelastet in die arbeitswelt eintreten, versteht)”

selbstbestimmung09 · 28.11.2009 18:40 · #

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