Der Punkt um den es geht ist auf den ersten Blick simpel: In Frankreich wurden Soldaten, ein Rabbi und Kinder ermordet. Der Täter wurde gefasst und stammt aus einem sozioökonomisch definierten Gesellschaftsbereich, der (offenbar in Teilen der Politikwissenschaft in Österreich anerkannt!) anthropologische Tendenzen dazu aufweist als Protestation für sein wirkliches Elend (Marx) auf religiös verbrämten Mord zurückzugreifen. Der zum Thema befragte angebliche Politikwissenschafter, jedenfalls Terrorexperte, weiß, warum solche Taten nicht verhindert werden können. Und die Antwort ist für ihn noch simpler als das Problem: Sie sind tagespolitisch motiviert. Im Moment ist Wahlkampf in Frankreich und Sarko war wiedermal gemein. Also: Mord!
Danke Terrorexperte Franz E. von der Universität Innsbruck
“Ich würde auch der Politik Sarkozys Mitschuld geben. Es ist ihm nicht gelungen – genauso wenig wie den Sozialisten vor ihm – die Situation dieser jungen Menschen mit Migrationshintergrund massiv zu verbessern.” (Franz E.: Der Standard 22. März 2012)
Nicht nur, dass mittels der “Franz E.-Methode” eine ganze Bevölkerungsgruppe als Tätergemeinschaft ontologisiert wird, wird dabei mittels Terrorismusexpertise auch noch die moderne politisch-soziale Wirklichkeit verniedlicht. Nicht sie wird in diesem Ansatz der Kritik unterworfen, sondern ein willkürlich bestimmter Teil von ihr: Sarkozys Wahlkampf in Reaktion auf das Erstarken rechter Parteien in Verbindung mit der allgemeinen schlechten Situation für nordafrikanischstämmige Menschen in Frankreich. Das dabei Kollateralschäden entstehen wird mit assistenzprofessoraler Sicherheit beiseite gebracht.
Die dieser wissenschaftlichen Beugung von Realität zugrundeliegende Methode müsste einmal theoretisch dargelegt werden.
Das nämlich ein junger Mensch gegen sein Elend protestiert ist nicht abwegig. Aber das er es tut indem er Kinder ermordet lässt sich nicht einfach durch strukturelle Ungerechtigkeiten erklären. Und vor allem lässt es sich nicht einfach mit dem Pathos des Widerstandes wegschieben. Wer das tut hat entweder keine Ahnung von der Verantwortung politischer Wissenschaft, oder er folgt der Absicht den Mord an Kindern indirekt zu legitimieren. Dabei auch lokale Phänomene wie antifranzösischen Islamismus und Taliban in eins zu setzen. Jedenfalls aber das Problem des Antisemitismus, das in Europa bekanntermaßen kein rein muslimisches Problem ist, nicht zu thematisieren.
(Mag sein, dass die knappe Form des Interviews dem Inhalt geschadet hat. Stehengeblieben ist jedenfalls das Beanstandete.)