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Maske ab!

von am 29.07.2011 10:41, Rubrik philosophisches-politisches

Im Text “Sprache als Asyl für den Tod” habe ich eine Verbindung angedeutet, die sich angesichts der Fakten als Untertreibung erwiesen hat. Ich korrigiere diesen Fehler hiermit.


Ich habe sinngemäß geschrieben die irregulären Einheiten der Rechtsextremen arbeiten den Parteiorganisationen durch ihre terroristische Tätigkeit zu. Darin habe ich mich geirrt. Die irregulären Einheiten sitzen selbst im Parlament und sind Parteimitglieder der FPÖ.
Sie vergleichen den Massenmord in Norwegen mit Abtreibung und reagieren entlarvend auf die halbseidene Abmahnung:

“Ich glaube nicht, dass ich gegen die Parteilinie verstoße. Das sind unsere Grundsätze, ich formuliere sie nur deutlicher.”

Man sollte den Mann beim Wort nehmen. Die Maske ist ab, der Terrorismus ist (jetzt auch wirklich offiziell) im Parlament angelangt. Wir können zusperren. Die Deutlichkeit der Aussage führt vor Augen wie nahe wir am Abgrund stehen. Das sagt einer der weiß, dass er Rückhalt für seine Ideen hat. Die Politik in Österreich ist parteiübergreifend nicht nur schwach und kurzsichtig, sondern auch im wahrsten Sinne des Wortes die Nachfolgerin des Nationalsozialismus. Und leistet man sich auch sonst immer wieder Schwächen und kleine Fehler, in dieser Hinsicht bleibt sie konsequent.
Das “Volk” macht vorerst mit und ist sich sehr wohl bewusst, dass jede Stimme für die FPÖ auch eine für diese Art der Politik ist. Man nimmt das in Kauf.
Daher stellt der Abgeordnete der FPÖ auch richtig fest: “Die Stimme des Volkes ist die Stimme Gottes.”
Die politische Macht die sich so direkt auf das Volk beruft, will in Wahrheit nur eines: die Distanz, die der moderne Rechtsstaat zwischen den Institutionen und dem Volk geschaffen hat, wieder zurücknehmen. Damit den mythischen Ursprung der Herrschaft wieder zu erwecken und der Gewalt des Kollektivs wieder Geltung zu verschaffen. Die Maske ist ab, jetzt auch durch eigenes Bekunden der Protagonisten die sonst dazu grinsend geschwiegen haben.
Die Menschen müssen sich überlegen ob sie wirklich auf demokratischem Weg ihren Status als Individuum abschaffen wollen. Sie müssen entscheiden ob sie in Zukunft als homogenes Wesen als reines Kollektiv der Gewalt, mithin als völkische Gottheit leben wollen, oder doch das kleinere Übel wählen.

Die Alternativen sind zugegebenermaßen schlecht. Aber sie reichen vielleicht aus das Schlimmste zu verhindern.

Im übrigen bin ich der Meinung, dass in diesem Fall der Anti-Mafiaparagraph eine gewisse Berechtigung haben könnte.


Kommentare

Soviel Offenheit hat ja wohl auch die Parteispitze verschreckt. Der Volksgenosse ist ja inzwischen ausgeschlossen.

Die Idee zur Verknüpfung von Opfern der Attentate in Norwegen und Abtreibung hat er dabei wahrscheinlich nicht einmal aus eigenem Wahn geknüpft, sondern dem Chef der “Wahren Finnen” nachgeplappert. Der hatte letzte Woche was ähnliches gesagt.

Stephan mit ph · 29.07.2011 17:01 · #

Naja wirksam wäre der Ausschluss ja nur dann, wenn er auch aus dem Nationalrat fliegen würde. Sonst ist das nur Kosmetik.

Ich denke auch Offenheit ist das richtige Wort. Man muss dem Mann ja fast dankbar sein für seine Ehrlichkeit, als er ja wirklich nur ausspricht was der Jargon sonst versteckt und die Rechten frech weggrinsen.

St.Max · 29.07.2011 18:40 · #

Gerade in Bezug auf Jargon und Sprache fand ich auch Henryk M. Broders Reaktion darauf, dass sich Breivik in seinem Manifest auf ihn bezieht. Nur weil Breivik einen “islamkritischen” Blogger zitiert, der in einem Text namens “Islamisation and Cowardice in Scandinavia” wiederum ein altes Interview von Broder zitiert:

“Vor etwa fünf Jahren habe ich einer holländischen Zeitung ein Interview gegeben, in dem ich sagte, wenn ich jünger wäre, würde ich Europa verlassen und in ein Land ziehen, das nicht von einer schleichenden Islamisierung bedroht wäre.”

Und jetzt ist natürlich Broder beleldigt, weil Breiviks Vorstellungen von einer Islamisierung Europas doch nichts mit ihm zu tun haben.

Stephan mit ph · 01.08.2011 14:35 · #

Das ist natürlich ein wenig kompromittierend. Aber Broder man könnte trotzdem differenzieren, weil er ja dieses Schlimme in einem anderen Zusammenhang sagt und das ja eher defensiv benutzt und sicher nicht zum politischen Agieren außerhalb staatlicher Souveränität einladen will. Im Gegenteil eher die allgemeine Untätigkeit von staatlicher Seite gegenüber Radikalen aller Seiten eben anprangert. Während der Breivik ja gerade das unstaatliche Chaos für sich nutzen möchte und daher ja eben auch keinen Anschlag auf eine Moschee verübt hat (wäre ja zu vermuten gewesen) sondern auf Regierungsgebäude und Soz-Jugend.

St.Max · 01.08.2011 17:12 · #

Aber der Einwand ist natürlich richtig.

St.Max · 01.08.2011 17:13 · #

Natürlich fordert Broder nicht zum Massenmord auf. Aber das ist ja nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass er mit seinem wirren Islamisierungs-Hysterismus genau in die selbe Kerbe schlägt wie FPÖ und Konsorten. Und die “eigentlichen” Schuldigen macht er genau so aus wie Breivik: Die linkslinken, politisch korrekten, realitätsfernen Multikulti-Gutmenschen.
Das ist ja auch der Grund, wieso Breivik sozusagen an der Ursache – nämlich den Sozialisten (“Kultur-Marxisten” für ihn) – mit seiner “Lösung” ansetzt und nicht am Symptom – also der von dir angeführten Moschee.

Stephan mit ph · 02.08.2011 10:54 · #

Ja ich gebe dir ja grundsätzlich recht. (“Aber der Einwand ist natürlich richtig.”)

ABER: ich glaub nicht, dass der Islamisierungshysterismus (übrigens auch wieder ein super Wort) ganz so wirr ist. Im Gegenteil. Es ist nur sehr schwer sich da ein kritisches und nicht rassistischen Bild zu machen, weil die theoretischen und manchmal auch empirischen Grundlagen fehlen.

Man darf ja nicht alles in Eins werfen in dem Sinn. Das der Farid Hafez von der PoWi das dauernd versucht und letztens auch im Standard wieder gemacht (27. Juli) hat ist ja nur ein Indiz für die riesige Verwirrung die da herrscht.

Islamkritik (die Broder radikal betreibt) ist ja nicht Kritik der muslimischen Menschen, sondern Kritik eines Zwangskollektivs. Die selbe Kritik übt Broder übrigens auch an den westeuropäischen Antisemiten (“Der ewige Antisemit”) und an den israelischen Fundis (“Die Irren von Zion”). Also bei ihm kommen überspitzt gesagt alle dran die dem Individuum nicht den nötigen Respekt entgegen bringen. Natürlich polemisch und missbrauchbar. Da geb ich dir sehr recht. Aber man muss denke ich Unterschiede machen zwischen der (eventuell theoretischen) Basis der Kritik und dem was rauskommt. Den Broder unterscheidet ja auch eben die totale Ablehnung der Gewalt gegen Individuen von den Rechten die ja immer nur mit dem Volk arbeiten. Seine Kritik trifft das Kollektiv als metaphyische Substanz, auch wenn in der Polemik natürlich auch viel gefährliches Material mitproduziert wird.

Ich glaube es herrscht ein tiefes gesellschaftliches Missverständnis, dass von der klassischen (naiven) Linken produziert wird und dessen Ressentiments von der Rechten einfach bedient werden. Die Äquivalente liegen bei den antiimperialistischen Linken – den islamischen Fundis – den Rechtsextremen die sich alle auf ein Kollektivsubjekt: Volk einigen können und daher auch zu menschenverachtenden Massnahmen bzw. völliger Ignoranz gegenüber komplexen Problemen neigen. Broder gehört trotz der anfälligen Polemik nicht dazu. Die Sendung “Entweder Broder” wäre eventuell eine Entlastungszeugin diesbezüglich.

Ich glaube das ist ja auch das was der Marx als deutsche Ideologie oder auf den Vorzustand als “die ganze alte Scheisse” bezeichnet.

St.Max · 02.08.2011 11:40 · #

“Entweder Broder” hab ich nie gesehen. Mal gucken, ob ich das irgendwo her kriege.
Zu der Sache mit dem Zwangskollektiv/Kollektivsubjekt, das kann ich absolut nachvollziehen und dem zustimmen. Allerdings weiß ich nicht inwieweit die Kategorie “Volk” bei islamischen Fundis eine Rolle spielt… höchstens in der Sublimation “Kultur”. Und das ist ja auch eine Kategorie, die Broder eben in seiner Polemik oft drinnen hat, in Form dieser Angst vor einer Islamisierung Europas.
Aber wie gesagt, kenne ich Broder vor allem über seine Polemiken, die immer mal wieder hier und dort auftauchen.

Stephan mit ph · 02.08.2011 19:59 · #

Ja stimmt. mit dem Begriff Volk kommt man ja beim politischen Islam nicht so weit. Aber ich kenne mich da nicht so gut aus. Die Erweitern das ja über die Nationalität hinaus und trennen die ganze Welt in Haus des Islam und Haus des Krieges soweit ich weiß. Da gibts das Kollektiv der Gläubigen (umma) und der Ungläubigen. Aber natürlich nur für die die das ernst nehmen und nicht für “die Muslime”. Ich meine es sind ja auch nicht alle katholischen Priester Kinderschänder. Nicht alle. ;)

Hmm … aber ich sehe wir könnten Licht in die Sache bringen, wenn wir eventuell die dem Kollektivsubjekt zugrunde liegende Ieologie unter die Lupe nehmen. Wir könnten ja .. Hausnummer eine einschlägige Theorie dazu genauer ansehen. Werde mir was überlegen.

St.Max · 03.08.2011 08:49 · #

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