als teenager war ich ein großer fan von Thomas Bernhard. naturgemäß habe ich mir in regelmäßigen abständen in der buchhandlung meines vertrauens ein neues büchlein aus dem suhrkamp verlag gekauft, und weil ich als schüler mehr zeit für private lektüre hatte, hatte ich das komplette werk von Bernhard noch vor der matura durch. naturgemäß geht so eine frühe Bernhard-lektüre nicht ohne lebenslange abneigung gegen nazis (die überall sind), und gegen bigotterie (die auch überall ist) und gegen bigotte nazis (die man mit vorliebe in der kirche findet) vorüber, und ein knackiges zitat dazu (aus dem Deutschen Mittagstisch) habe ich auch memoriert:
Es ist immer das Gleiche / kaum sitzen wir bei Tisch / an der Eiche / findet einer einen Nazi in der Suppe / und statt der guten alten Nudelsuppe / bekommen wir jeden Tag / die Nazisuppe auf den Tisch.
und diese nazisuppe wird nun in österreich und in südtirol schon sehr lange gelöffelt, streng genommen kochen die nazis schon seit 1933 fleißig ihr süppchen, und zu Bernhards glanz-zeiten in den 80ern waren da schon ganz andere brocken in der suppe, wie zum beispiel der Waldheim oder die südtiroler “bumser” um nur einige zu nennen, aber an den zeitgenössischen ulknudeln Graf, Rosenkranz und HC Stra-ché sowie den ewiggestrigen patridioten der national-tirolischen front in den reihen der Union, Süd-Tiroler Freiheit und den Freiheitlichen kann man sich auch leicht verschlucken. ja, kontinuität ist die eigentliche stärke der nazis, persilscheine ihre qualitätsmerkmale. und wenn man sich auf sonst nichts rausreden kann, dann darauf, dass das verbotsgesetz anachronistisch ist, und raschestens abgeschafft werden muss!
einen guten grund, das verbotsgesetz abzuschaffen, ist ja schon allein die gewaltige zunahme der linksextremen gewalt welche die verfassungsschützer in österreich orten. klingt unlogisch? nur auf den ersten blick! laut verfassungsschutzbericht “explodierte” die zahl der linksextremen delikte (bzw die anzeigen ebensolcher von 64 auf 90. währenddessen sind die anzeigen wegen rechtsextremer umtriebe (darunter nur ein drittel wegen verstöße gegen das ach-so-unfaire-und-böse verbotsgesetz) leicht rückläufig, 2007 waren es noch 835, 2009 nur mehr 791. gäbe es das verbotsgesetz nicht, wären die zahlen noch rückläufiger! und überhaupt gibt es neuerdings zu jeder veranstaltung der rechtsextremen, auch gleich eine links(extreme) gegenveranstaltung. offenbar werden militante (sprich sich engagierende) antifaschisten als eine größere bedrohung eingeschätzt, als säbelschwingende couleur-studenten die sich mit erklärten rechtsradikalen vernetzen und in den sälen der hofburg zwischen einem walzer und einem glas sekt über die internationale kapital-judenverschwörung sinnieren, oder die endgültige lösung der asylantenfrage und die wiederherstellung von deutschsittlicher zustände im staat. trotzdem, es gibt neun mal so viele rechtsradikale delikte wie linksradikale delikte, wobei die meisten linksradikalen delikte offenbar schmierereien und politische grafitti sind (und — aus meiner alltagserfahrung — nicht selten übermalungen von hakenkreuzen etc). als gefährlich und unheimlich empfindet man aber eher “die linken”.
rechtsradikalisums ist eigentlich akzeptiert und mainstream. und damit nicht mehr radikal. dumpfer nationalismus und fremdenfeindlichkeit sind an der tagesordung, christlich-soziale parteien (die in ihrem parlamentsclub-kammerl den seeligen Dollfuß hängen haben) sträuben sich bei präsidenschaftswahlen in österreich eine wahlempfehlung für den sozaldemokratischen kandidaten abzugeben und überlassen es der phantasie ihrer wähler entweder den christlich-fundamentalisitischen kandidaten zu wählen, oder die kandidatin mit bekennendem deutschnationalen gatten und eidesstattlicher erklärung, nichts mit der NSDAP am hut zu haben rasch vor der wahl selbst aufgestelltem persilschein. und diese menschen haben wähler. man braucht sich in wien nur in eine straßenbahn zu setzen, oder in südtirol in ein wirtshaus (oder man schaut auf facebook ), es wird die rede sein vom “aufräumen”, “rauswerfen” der “baggage”, ja vom “vergasen, das pack” — von den “gschissenen ausländern” bis hin zu den “depperten walschen” die hier (also respektive wien/österreich und südtirol) nichts verloren hätten. und gleich mit rausschicken will man die “gutmenschen”, die sich mit den verhassten ausländern und walschen zu oft und zu gerne verbündeten.
die nicht stattgefundene aufarbeitung der zeit zwischen 1938 und 1945 — das konstante leugnen der täterrolle und das gefällige selbstbild der österreicher und südtiroler als opfer hitlers (tatsächlich in der diktion, denn das opfer der nationalsozialisten würde ja automatisch eine aktive beteiligung jenes teils der bevölkerung implizieren, die zwischen bzw bereits vor 1938 bis 1945 mitglieder der NSDAP waren, und folglich wäre mythos des opfers hinfällig und kontinuität unmöglich), bis hin zur bereits angesprochenen kontinuität äußern sich in sagern nach dem motto: die nazis waren schon bös, aber eine ordentliche beschäftigungspolitik hatten sie schon, das müsse man ihnen zugestehen. das hätten die “roten” in all den jahren nach dem krieg nie so zu stande gebracht. die ideen der nazis leben in den programmen der “sozialen heimatparteien” weiter, und die sprache der nazis und wortschöpfungen wie volkstumspolitik, aber auch selbst die selbstdarstellung als wehrbauern die ihre deutsch scholle verteidigen überdauert in wahlwerbeplakaten der ethnischen christlich-konservativen provinzparteien.